Allem voran ist schnelle Hardware die Grundlage für schnelle Software. Bevor wir uns also an die Konfiguration und Optimierung deiner Bildbearbeitungssoftware machen, müssen wir erst einmal die Weichen für eine bessere Performance stellen. Los geht's:
Der CPU (Central Processing Unit) spielt eine wesentliche Rolle in Lightroom: Er rendert die Vorschau-Daten für die Bibliothek, berechnet die Arbeit im Entwickeln-Modul und kümmert sich um den Export der Fotos. Da Lightroom in der Lage ist, mehrere Kerne zu nutzen, zählt hier aber nicht nur die Qualität (Rechenleistung je Kern) sondern auch die Quantität: Je mehr Kerne, desto besser. Es macht also definitiv Sinn, dass du hier verschiedene Hardware-Konfigurationen prüfst und vergleichst. Am Schluss ist es dann einfach auch wieder eine Frage des verfügbaren Budgets.
Die Anforderungen an den Arbeitspeicher (Random Access Memory, kurz RAM) wachsen mit der Auflösung der Fotos (und diese wachsen ja sowieso schon seit Jahren gefühlt ohne Obergrenze, Hardware-Lobby anyone?!). Lightroom läuft zwar mit 8 GB Arbeitsspeicher auch irgendwie, aber beim Zusammenfügen von Bildern zu HDR-Aufnahmen (High Dynamic Range) oder umfangreichen Panoramen mit über 100 Megapixel ist das bisschen RAM relativ schnell erschöpft. Hier empfehle ich ganz klar ein Minimum von 32 GB, wenn nicht sogar 64 GB, wenn du in den nächsten zehn Jahren deine Ruhe haben willst. Alles darunter wird (eher) früher oder (als) später zu steigender Wartezeit und damit zu steigendem Blutdruck führen. Wollen wir also nicht.
Die Hardware sitzt? Dann können wir ja mit Lightroom direkt weitermachen, oder? Ganz so einfach ist die Sache dann auch wieder nicht, denn zwischen und neben unserer Hardware und der Bildbearbeitungssoftware von Adobe liegen noch ein paar Stolpersteine: Das Betriebssystem und weitere Software. Die nehmen wir im zweiten Kapitel genauer unter die Lupe.
Damit sich Lightroom (LR) während der Arbeit ausbreiten kann (zum Schreiben des Cache und temporären Arbeitsdateien), braucht es ausreichend Patz. Die Festplatte, auf der sich Lightroom, der Katalog, die Vorschauen und Bilder sowie das Betriebssystem befinden, sollte genug freie Speicherkapazitäten zur Verfügung haben. Der Treshold hierfür sollte bei 20% liegen - bei weniger verfügbarem Speicherplatz wird's Zeit für eine neue Festplatte, zum Auslagern der abgeschlossenen Projekte oder zur Deinstallation von obsoleter Software.
Achte darauf, regelmäßig die aktuellsten Updates zu installieren. Dies gilt nicht nur für Lightroom und das Betriebssystem sondern auch die (Grafikkarten-)Treiber, die Antivirus-Software und sämtlichen Lightroom Plugins, mit denen du regelmäßig arbeitest. Zwar muss das nicht immer am Release-Day passieren (oft macht es Sinn, eben nicht der erste zu sein, der ein potentiell fehlerhaftes Update installiert), aber man sollte die Aktualisierungen auch nicht aus den Augen verlieren, da diese in der Regel zu Performance-Verbesserungen führen.
Im Laufe eines Computer-Lebens häufen sich im Autostart des Betriebssystems jede Menge Programme an, die automatisch beim Hochfahren starten. Das ist dann der Supergau für Kontrollfreaks wie mich. Es verselbstständigen sich nicht nur die Startup-Prozesse, sondern auch die Performance des laufenden Systems .Hier solltest du unbedingt von Zeit zu Zeit prüfen, welche Programme gewollt oder ungewollt beim Booten gestartet werden und welche du deaktivieren kannst. Wie das geht? Let me google that for you.
Windows ist ein ziemlicher Messi (nicht der Fußballer). Das Betriebssystem sammelt unnötig viele temporäre Daten, die so temporär eben nicht sind, sondern längerfristig auf der Festplatte behalten werden und über die Zeit mehr und mehr Speicherplatz verschlingen (darunter Übermittlungsoptimierungsprotokolle, temporäre Internetdateien, Miniaturansichten und Fehlerberichte). Warum also behalten, wenn du nicht weißt, wofür? Also weg damit, bevor das zu echten Problemen führt (siehe auch 2.1). Über die Windows Funktion der Datenträgerbereinigung kannst du die Entrümpelung problemlos durchführen.
Mag zwar trivial klingen, macht aber durchaus Sinn, wenn du dein Betriebssystem in der Regel nur "schlafen" legst. Im Hibernate-Mode fährt das System nicht runter, weshalb temporäre Cache-Dateien des Betriebssystem immer wieder recycelt und nicht neu aufgebaut werden. Wenn du also das Maximum an Performance aus deinem Lightroom holen willst, dann denk auch über einen Reboot des Systems nach.
Je mehr Pixel Lightroom darstellen muss, desto mehr hat der Prozessor und die Grafikkarte zu tun. Hohe Bildschirmauflösungen führen also auch zu einer schlechteren Performance. Jetzt macht es natürlich keinen Sinn, mit einer Auflösung von 1024 x 786 Pixeln zu arbeiten und sich darüber zu freuen, dass der Rechner geringste Latenzen hat, auf der anderen Seite aber anhand von 3 Pixeln erahnen muss, ob es sich um Braut, Bräutigam oder Taube handelt. Der Tipp gilt also nur für Ausnahmesituationen, in denen ich keine anderen Mittel mehr habe, um die Performance zu verbessern und trotzdem ein Foto bearbeiten können muss. Der Bottleneck ist wirklich nicht die Auflösung. Davor empfehle ich, sich vielleicht doch mal von Windows 95 und dem Pentium II zu trennen und neuere Hardware anzuschaffen.
Nachdem wir nun unsere Hardware aufgerüstet und alle potentiellen Störfaktoren im und um das Betriebssystem ausgemerzt haben, können wir uns (endlich) Adobe Lightroom widmen. Soviel Wartezeit kennt man eigentlich nur vom Entwickeln-Modul...
Sämtliche Daten auf einer superschnellen SSD wäre natürlich ein Traum. Kostet aber unfassbar viel Asche und ist auch nicht zwangsläufig nötig. Wer nämlich trotzdem in den Genuss eines schnelleren Workflows kommen möchte, kann auch den hybriden Weg gehen: Verschiebe deinen Lightroom Katalog und die Vorschaubilder sowie das Camera RAW Cache auf die schnelle SSD-Platte, die Original-Daten (Camera RAWs) bleiben auf der HDD.
Im Laufe der Zeit wird der Lightroom Katalog bei intensiver Nutzung fragmentiert (was das bedeutet, kennen wir ja schon von 2.7). Beim Optimieren des Katalogs wird die Datenbank geordnet und bereinigt. Damit erhöht sich dann auch die Geschwindigkeit im Bibliothek- und Entwickeln-Modul, die Katalogoptimierung solltest du also regelmäßig machen. Besonders lohnt sich das nach größeren Verschiebungen oder dem Import von Datensätzen mit vielen Bildern. Oder wenn man das Gefühl hat, es ist mal wieder an der Zeit, auf Datei und auf Katalog optimieren... zu klicken. Ein Traum für jeden mit einem eigenen inneren Monk.
Die Standardvorschauen zu erstellen, kann eine ganze Weile dauern, das ist klar. Dennoch ist es wichtig, nicht die kleinste Größe einzustellen, sondern in der Regel die Zahl zu nehmen, die der längsten Kante der Bildschirmauflösung am nächsten kommt. Bei einer Monitorauflösung von beispielsweise 1920 x 1080 Pixeln wählt man also die 2048 Pixel für die Standardvorschaugröße oder lässt Lightroom entscheiden und stellt auf "Automatisch", das funktioniert zuverlässig.
Häufig bin ich auf die Frage gestoßen, ob Standardvorschauen nicht obsolet sind, wenn sowieso 1:1 Vorschauen gerendert werden. Die Antwort hierzu lautet klar: nein. Die Standardvorschauen werden von Lightroom in einigen Anwendungsbereichen trotzdem benötigt und genutzt, beispielsweise in der Lupenansicht und daher automatisch mit den 1:1-Vorschauen mitgerendert. Die 1:1-Vorschauen dagegen kommen nur im Bibliothek- und Entwickeln-Modul zum Einsatz, wenn du auf 100% oder mehr zoomst.
Natürlich werden die Standardvorschauen am schnellsten generiert und geladen, wenn wir deren Qualität auf "niedrig" setzen. Das beschleunigt zwar diesen Teil unseres Workflows, erschwert aber im Nachgang die Beurteilung in der Bibliothek massiv. Ist das Bild jetzt unscharf oder einfach nur zu hart komprimiert? Also wieder nichts gewonnen. In den Katalogeinstellungen unter dem Reiter Dateihandhabung würde ich deshalb empfehlen, die Vorschauqualität mindestens bei "Mittel" zu setzen, vielleicht sogar auf "Hoch", wenn du genügend Zeit und Performance übrig hast. Nichts ist frustrierender (und blutdrucktreibender) als die Ungewissheit über die Qualität des Originalfotos.
Standardmäßig ist diese katalog-spezifische Einstellung von Lightroom deaktiviert (zu finden unter dem Reiter Metadaten bei Änderungen automatisch in XMP speichern). Diese Funktion zu aktivieren, kann die Performance negativ beeinflussen, besonders dann, wenn die XMP-Daten auf einer langsamen Festplatte gespeichert werden. Diese liegen übrigens im Ordner der zugehörigen RAW-Originale.
Lightroom schreibt Metadaten wie Keywords, Bewertungen, verwendetes Equipment und sonstige EXIF-Informationen in den Katalog als XMP (Extensible Metadata Platform). Wenn man diese Metadaten für andere Programme wie Adobe Bridge oder Camera Raw zugänglich machen möchte, müssen sie in einer separaten Datei im XMP-Format gespeichert werden. Ob diese Funktion nötig ist, kannst du selber am besten beurteilen und bei Bedarf einschalten - oder ausschalten.
Manche Benutzer verwenden XMP-Dateien auch als Backup der Bildeinstellungen. Ein solches Backup ist jedoch unvollständig, da nach momentanem Stand Informationen wie virtuelle Kopien, Zugehörigkeit zu Sammlungen, Protokoll der Entwicklungsschritte und andere native Lightroom-Metadaten nicht in der XMP gespeichert werden. Außerdem lässt sich durch eine Sicherung des Kataloges sehr einfach ein vollständiges Backup erstellen. Für diesen Zweck hat die XMP also keinen Mehrwert.
Solltest du früher oder später doch entscheiden, XMP-Dateien zu generieren und zu nutzen, können diese auch noch nachträglich erstellt werden. Hierzu müssen die entsprechenden Bilder in der Bibliothek ausgewählt werden, dann können über den Menüpunkt Metadaten > Metadaten in Datei speichern die Daten entsprechend geschrieben werden. Übrigens: Bei der Umwandlung von RAW- in DNG-Dateien werden die XMP-Metadaten direkt in die Datei gespeichert, es wird keine zusätzliche XMP erzeugt.
So praktisch die Gesichtserkennung, die Synchronisierung mit Lightroom Mobile oder das umgekehrte Geotagging auch sein mag: Während der aktiven Arbeit mit Lightroom gehören diese Funktionen deaktiviert oder pausiert, denn speziell die ersten beiden verbrauchen eine Menge Ressourcen. Für die Gesichtserkennung gibt es in den Katalogeinstellungen unter der Registerkarte „Metadaten“ die Checkbox „Auf allen Fotos automatisch Gesichter erkennen“, deren Deaktivierung ich auf's Wärmste empfehle.
"Punkt 4? Why? Ich dachte, wir haben's nach 3 Punkten geschafft!?" Ja, die Hardware und Software haben wir soweit abgedeckt. Aber auch im Bereich der eigentlichen Arbeitsablaufs - des sogenannten Workflows - gibt es vielleicht für dich vielleicht Potential, wenn es um die Optimierung selbigens geht. Längerfristig führen diese optimierten Prozesse zu weniger Wartezeiten und zu mehr effektiver Arbeit, und das motiviert! Am Ende ist es so wie mit jeder teuren Technik: Der schnellste Rechner und das perfekt konfigurierte System bringen nichts, wenn man die Arbeit mit dem Programm nicht beherrscht.
Die sogenannten 1:1-Vorschauen spielen einzig und allein im Bibliothek-Modul eine Rolle: Sie ermöglichen den Zoom ins Foto ohne Wartezeit, da Lightroom bzw. das Camera Raw Modul eine 100%-Ansicht gerendert hat. Dies hilft vor allem bei der Beurteilung der Bildschärfe, so kann man die Fotos erst sortieren und in der 1:1-Vergrößerung prüfen, ob der Fokus "on-point" war, bevor man in die Bearbeitung im Entwickeln-Modus geht (mehr hierzu unter 4.5).
Bei diesem Punkt scheiden sich die Geister - ein richtig oder falsch gibt es meiner Meinung nach nicht, es ist viel mehr eine Frage des Shootingtyps und des eigenen Workflows.
Wenn ich Bilder eines Shootings bearbeite, bei dem ich schon ganz
genau weiß, wohin die Reise geht (zum Beispiel bei Business-Portraits in
meinem Studio), dann wende ich direkt eine bestimmte Vorgabe an
Entwicklungseinstellungen (Preset) an, konvertiere die Daten in
DNG (für kleinere Rohdaten) und erstelle Vorschauen nach Bedarf.
Während das läuft, mach ich mir ne Tasse Kaffee. So kann ich im
Anschluss relativ schnell die Bilder sortieren, markieren und
feinabstimmen.
Bei Shootings "on-location" wie Hochzeiten, Image-
oder Outdoorshoots führe ich den Import ohne Entwicklungseinstellungen
oder Konvertierung durch, da ich erstmal sichten und sortieren möchte,
bevor ich mir dann überlege, welchen Bildstil ich den Fotos geben
möchte. Vorschauen wiederum dürfen dann schon sein, aber das dauert
nicht ganz so lange.
Was du aber in jedem Fall beim Import anwenden kannst, sind
Metadaten bzw. globale Stichwörter (passend für alle Bilder), da sie
kaum Zeit kosten und auch den Import nicht spürbar verlangsamen.
Bilder zu bearbeiten, die man später aussortiert - das macht wenig Sinn. Man könnte auch sagen "Perlen vor die Säue werfen( 5)". Zwar ist das eine triviale Anregung, aber wie oft handelt man entgegen jeder Logik? Nutze das Bibliotheks-Modul und sortiere radikal aus, was definitiv nicht zur Freigabe gedacht ist (d.h. technisch unbrauchbare Aufnahmen, durch Über-/Unterbelichtung, Unschärfe). Am Ende der Hochzeitsdokumentation oder des Imageshootings mit Tagessatz, macht es definitiv einen Unterschied, ob ich 2.000 oder 200 Fotos bearbeite.
Seit der Ergänzung von Smart-Vorschauen kann man sich die Frage stellen, ob die Konvertierung in DNG beim Import überhaupt noch Sinn macht. Smart-Vorschauen sind im Grunde DNG-Dateien in geringerer Auflösung und werden dadurch noch schneller verarbeitet als in DNG konvertierten RAW-Dateien. Hier ergibt sich erstmal kein nennenswerter Mehrwert.
Import, Export, Konvertierung, Rendern - alles
Arbeitsschritte, die sehr rechenlastig sind. Während man also 2.500
Fotos importiert, exportiert oder für umfangreiche Shootings Vorschauen
generiert, macht es keinen Sinn, parallel das Entwickeln-Modul
anzuwerfen und sich über die Latenz zwischen Mausklick und Reaktion
zu ärgern. Lieber die Kaffeemaschine anwerfen, unter die Dusche
springen oder sich ein gutes Mittagessen gönnen, während Lightroom die
Arbeit macht.
Was für Betriebssysteme gilt, das gilt auch für Lightroom. Um nach intensiver Arbeit (und großem zugemülltem Cache) der Software eine Frischekur zu gönnen, empfiehlt sich ein Neustart, kombiniert mit einer Optimierung des Katalogs. Natürlich. Wir sind schließlich Monks.
()1ja, der deutsche Rechenmeister hieß tatsächlich Adam Ries, nicht "Riese", wie oftmals fälschlicherweise zitiert.
(2)den Windows Task Manager kann man über den sogenannten Affengriff [STRG] + [ALT] + [ENTF] relativ schnell erreichen.
(3)scannen, scannen, hungrig. Scannen, scannen, hungrig.
(4)kleinste, schwäbische Einheit; Geschlechtsorgan der männlichen Usca domestica, lat. für Stubenfliege
5umgangssprachlich: demjenigen etwas (Gutes, Edles, Schönes) bieten, der dies nicht zu schätzen weiß
6das Katzenfoto steht in keiner persönlichen Verbindung, hat keine Bewandnis und keinen Mehrwert, abgesehen davon, dass es ein Katzenfoto ist.
Hinweis: Vom 19.12.2024 bis 06.01.2025 befinde ich mich im Urlaub, bin aber ab dem 7. Januar wieder für euch da. Bis dahin wünsche ich entspannte Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr!